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Verfassungsschutzbericht 2022: Gewaltbereite Reichsbürgerszene deutlich angewachsen

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(CIS-intern) – KIEL. Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack hat heute (17. Mai 2023) gemeinsam mit dem stellvertretenden Abteilungsleiter des Verfassungsschutzes, Wolfgang Klonz, sowie Henrik Greve, stellvertretender Leiter der Abteilung Staatsschutz im Landeskriminalamt, den Verfassungsschutzbericht für das Berichtsjahr 2022 vorgestellt und zu aktuellen Entwicklungen Stellung genommen.

„Ein Schwerpunkt der Arbeit des Verfassungsschutzes war im letzten Jahr die Aufklärung rechtsextremistischer Bestrebungen und Netzwerke. Die weitgehend unstrukturierte Szene ist sehr gut über das Internet vernetzt und stellt weiterhin den größten Anteil in der Kategorie der gewaltorientierten Rechtsextremisten“, sagte die Innenministerin.

Im Berichtsjahr erhöhte sich das rechtsextremistische Personenpotenzial um rund 1,7 Prozent. Damit zählten 1220 Personen zur rechtsextremistischen Szene in Schleswig-Holstein. Die Zahl der gewaltorientierten Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten blieb konstant bei 350. Der Bereich der Straftaten der Politisch Motivierten Kriminalität Rechts ist der zahlenmäßig mit Abstand größte Phänomenbereich innerhalb der Politisch Motivierten Kriminalität. Hier hat es einen leichten Anstieg um 32 Taten auf 699 (+4,8 %) gegeben. „Dieser erneute Anstieg ist nicht gut, aber es ist gut, dass die Aufklärungsquote in diesem Bereich sehr hoch ist. Mehr als jedes zweite Delikt und mehr als 9 von 10 Gewaltdelikten konnten aufgeklärt werden“, erklärte Sütterlin-Waack.

Im Bereich der Reichsbürgerszene ist das Personenpotenzial im Vergleich zum Vorjahr um rund ein Drittel auf 640 Personen angewachsen.

Dazu die Innenministerin: „Der massive Zulauf in dieser Szene hing teilweise mit diffusen Zukunftsängsten zusammen. Auslöser dieser Ängste waren nahezu zeitgleich eingetretene und parallel ablaufende Ereignisse, die als tiefgreifende existenzielle Krisen wahrgenommen wurden: Klimawandel, Pandemie, Krieg in Europa, Energie- und Wirtschaftskrise. Personen mit einer Affinität zu Verschwörungstheorien haben Anschluss an die Szene bekommen, die genau diese Themen aufgegriffen hat.“

Ein Teil der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene ist nach wie vor bereit, zur Durchsetzung ihrer Ziele Gewalt anzuwenden. Die erkennbare Radikalisierung dürfte sich fortsetzen. Vor allem über Telegramkanäle wird sich die Szene auch stärker vernetzen. In der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene waren im Berichtsjahr Siedlungsbestrebungen festzustellen. Darüber hinaus traten in Schleswig-Holstein strukturierte Reichsbürgergruppierungen kaum öffentlichkeitswirksam in Erscheinung. Sie beschränkten sich in der Regel auf das Versenden ihrer im Reichsbürger-Duktus verfassten Schreiben an Behörden. Auch die Affinität zu Waffen bleibt hoch. „Diese Entwicklung werden wir als Landesregierung sehr ernst nehmen und wir werden weiter konsequent dagegen vorgehen“, sagte die Innenministerin.

Im Bereich des islamistischen Terrorismus ist die abstrakte Gefährdungslage nach wie vor konstant hoch. Das haben die Festnahmen von zwei Brüdern iranischer Herkunft im Januar 2023 in Castrop-Rauxel (NRW) sowie von zwei syrischen Brüdern im April 2023 in Hamburg und Kempten, die jeweils mutmaßlich einen islamistisch motivierten Anschlag geplant hatten, gezeigt. In Schleswig-Holstein stagniert das Personenpotenzial weiter auf hohem Niveau. Es lassen sich von den derzeit insgesamt 868 Islamistinnen und Islamisten wie im vorigen Berichtsjahr erneut etwa 750 Personen dem Salafismus zuordnen.

Ein für Linksextremisten bedeutsames Themenfeld ist weiterhin die Klimabewegung.

„In Schleswig-Holstein trat insbesondere nach der Coronapandemie die TurboKlimaKampfGruppe (TKKG) als linksextremistischer Akteur in Erscheinung. Dabei bestätigte sich erneut, dass sich die TKKG neben Klima- und Umweltfragen auch verstärkt anderen, linksextremistisch geprägten Aktionsfeldern in den Bereichen Antifaschismus und Antirepression widmet und dabei den Schulterschluss mit weiteren Gruppierungen der linksextremistischen Szene sucht. Die TKKG hat sich über die Jahre im schleswig-holsteinischen Linksextremismus etabliert und fungiert hier als bedeutendste linksextremistische Gruppierung in der ansonsten bürgerlich geprägten Klimabewegung.“

Neben der Darstellung der wichtigsten Entwicklungen und wesentlichen Erkenntnisse zu extremistischen Bestrebungen und politisch motivierter Kriminalität ist die Innenministerin auch auf die Spionageabwehr eingegangen. Desinformation, ideologische Einfärbung und tendenziöse Berichterstattung im Sinne russischer Propaganda seien seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine an der Tagesordnung. Die in den letzten Jahren ohnehin schon gestiegene Gefahr von Angriffen auf Strukturen der Informationstechnik habe sich 2022 kriegsbedingt noch erhöht. Auch für 2023 ist mit entsprechenden Angriffen zu rechnen.

„Zuletzt führten umfangreiche Überlastungsangriffe, so genannte DDoS-Angriffe, auf Unternehmen und Behörden am 05.04.2023 europaweit und auch in Schleswig-Holstein zu Ausfällen von Regierungsportalen und Internetauftritten. Unseren IT-Spezialisten ist es gelungen, das Landesportal nach kurzer Zeit wieder funktionsfähig zu machen. Es kann daher gar nicht oft genug dazu aufgerufen werden, solchen Angriffen durch entsprechende Sicherheitsmaßnahmen vorzubeugen bzw. sie in kurzer Zeit in den Griff zu bekommen“, sagte die Innenministerin.

Im Bereich der Politisch Motivierten Straftaten „Ausländische Ideologie“ gab es eine erhebliche Zunahme von 85 Taten auf 92 Taten insgesamt. Thematische Schwerpunkte waren dabei der russische Angriffskrieg und das Protestgeschehen im Iran. Die Hälfte der Taten entfällt auf die Billigung von Straftaten, überwiegend als festgestellte „Z“-Symbolik im öffentlichen Raum. Das „Z“ steht für die Unterstützung des russischen Angriffskriegs. Weitere Delikte waren Nötigungen und Bedrohungen sowie insgesamt 4 Körperverletzungsdelikte.

Download Verfassungsschutzbericht

Verantwortlich für diesen Pressetext: Tim Radtke / Jana Reuter / Dörte Mattschull, Ministerium für Inneres, Kommunales, Wohnen und Sport

Bild von Fabian Holtappels auf Pixabay

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