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125 Jahre Travemünder Woche: Eine Segelwoche der Extraklasse

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(CIS-intern) – Von Horst Schinzel Am Morgen des Abschlusstages der Travemünder Woche 2014 brachen Regen und Flaute über die Lübecker Bucht herein. Es war der krasse Gegensatz zu einer perfekten Segelwoche mit acht Tagen Sonne, Wind und Welle, was dem Jubiläum nach 125. Jahren mehr als angemessen war. Insofern passte auch der kurzzeitig verhagelte Abschluss – am Mittag schien schon wieder die Sonne – ins Bild, denn sonst hätten Segler und Organisatoren wohl kein Ende finden wollen. Walter Mielke, der nach 17 Jahren als Regattachef den Führungsstab an Brian Schweder weitergibt, und seine rechte Hand Gerd Gurgel konnten so sehr zufrieden auf die Woche zurückblicken, auch wenn am letzten Tag nur noch die Nacra 17 auf das Wasser gingen.

„Das war eine Veranstaltung, die dem Jubiläum mehr als angemessen war. Mit 927 Booten sind wir an der Leistungsgrenze angekommen. Mehr ist für die Travemünder Woche nicht leistbar“, sagte Mielke. Sämtliche Platzreserven vom Priwall über die Tornadowiese und den Strandbereich bis hin zum Grünstrand und Mövenstein wurden genutzt. 24 Einheitsklassen sowie die Yachten gingen auf den zwölf Bahnen von der Seebahn über den SAP Media Race Course bis hinein in Pötenitzer Wiek auf die Kurse. 247 Rennen wurden gesegelt. Damit kamen die Veranstalter nah an das geplante Pensum heran. Einige zu heftige Windtage, als kaum oder nur spät gesegelt werden konnte, verhinderten indes das Optimum.

Foto: Sybille Daden / pixelio.de

„Ich will und kann die Veranstaltungen der Vergangenheit nicht miteinander vergleichen. Jede Travemünder Woche für sich war einzigartig, aber in diesem Jahr ist es sehr gut gelaufen. Das tolle Wetter hatte darauf natürlich sehr positiven Einfluss. Und der Anstieg von über 500 auf nun über 900 Boote im Vergleich zum Vorjahr war schon beeindruckend“, sagte Mielke. Nachteil für ihn: Die Arbeitsbelastung war 2014 so enorm, dass er nicht mehr die Chance hatte, selbst auf die Bahn zu gehen.

Und die große Auslastung hatte auch für einige Segler leichte Schattenseiten. „Wir mussten hier und da improvisieren“, so Mielke. Insbesondere die beengte Slipsituation am Grünstrand sorgte für die 300 dort beheimateten Boote der Laser- und O’pen Bic-Klassen für Gedränge beim Aus- und Einlaufen – erschwert durch Welle und Wind, die direkt auf den Strand standen. Doch nach kurzer Zeit war das Szenario mit Hilfe der TW-Ehrenamtler, aber auch Trainer und Betreuer der Segler eingespielt. Dennoch: „Die Situation am Grünstrand ist nicht optimal. Bei östlichen Winden brauchen wir eine Schutzmauer, um besser ins Wasser zu kommen. Die Ideen dazu konnten aber bisher nicht umgesetzt werden.“ Insgesamt habe es aber sehr gutes Feedback von den Seglern gegeben, sagte der Regattachef.

Das galt insbesondere für das Geschehen auf den Bahnen. Den meisten Klassen konnten schnelle und reichlich Rennen geboten werden. Dabei erweist sich der Weg, in enger Absprache mit den Klassenvereinigung als Dienstleister für die Segler aufzutreten und deren Wünsche umzusetzen, als der richtige. Und die Segler zeigten – auch aufgrund der Tatsache, dass zu den elf internationalen und nationalen Meisterschaften Top-Athleten am Start waren – eine hohe Qualität. „Ich freue mich auch, dass wir den O’pen Bic in Deutschland mit der Austragung der WM Entwicklungshilfe geben konnten. Es ist immer toll, mit jungen Seglern zu arbeiten. Und dieses Ereignis könnte für einige in der Klasse der Anschub sein, um künftig in eine ernsthafte Regattatätigkeit einzusteigen“, sagte Mielke.

Mit der zunehmenden Medialisierung rückt der Segelsport zur Travemünder Woche immer näher an die Zuschauer heran. Die eingespielte Doppelmoderation zu den SAP Trave Races, die Übertragung der Rennen vom SAP Media Course auf den SAP Sail Cube und die Ausweitung der TV-Aufbereitung zu den Trave Races rufen unbedingt nach Fortsetzung. Mielke: „Wir sollten hier mit SAP zu einer Permanentlösung kommen.“

Mielke und Gurgel können somit ein bestelltes Feld an die Nachfolger übergeben und werden 2015 in aller Ruhe von außen die TW beobachten. „Wir werden uns sicherlich mal auf ein Glas Wein hier treffen, aber eine Funktion werde ich nicht übernehmen. 46 Jahre für die Travemünder Woche sind genug“, sagte Gerd Gurgel. Walter Mielke wird dagegen noch international als Wettfahrtleiter und Schiedsrichter tätig sein und hat einen Einsatz bei Olympia oder den Paralympischen Spielen 2016 im Visier.

Und auch für den Abschluss konnten Mielke und Gurgel schließlich noch Segler auf das Wasser schicken. Daher mussten am finalen Tag die Nacra17 lange ausharren, bevor sie wussten, wer den ersten offiziellen Titel eines Deutschen Meisters in dieser neuen Olympiaklasse tragen darf. Denn auf dem SAP Media Race Course, der für sie am heutigen Tag reserviert war, wehte ein leichter Hauch, der noch vier Kurzrennen ermöglichte. Damit wurde es auch noch einmal spannend für Finn Heeg/Merle Baars aus Flensburg, die bis dahin eine fast perfekte Serie hingelegt hatten. Doch im Fokus ihrer Onboard-Kamera leisteten sie sich einige Ausrutscher. Der Vorsprung der Vortage aber reichte, um sich als Premierenmeister der Nacra 17 feiern lassen zu dürfen. „Das war eine schöne Meisterschaft. Die Bedingungen haben uns in die Karten gespielt, aber das Ambiente zur Travemünder Woche ist immer toll“, sagte Finn Heeg. Dass er und seine Vorschoterin als erste Deutsche Meister dieser Klasse Segelgeschichte geschrieben haben, fühle „sich natürlich gut an“. „Ein Titel ist immer gut, auch wenn wir international erst an die Spitze heranfinden müssen. Wir werden bei der WM in Santander an den Start gehen und sehen, wie weit wir schon sind.“ Die Teilnahme an den Olympischen Spielen sei eine Vision, aber derzeit fehle es an finanzstarker Unterstützung. „Vielleicht hilft uns ja der Titelgewinn bei der Sponsorensuche“, so Heeg.

Da auf den anderen Bahnen nichts mehr ging, konnten bei der Europameisterschaft der Tornados die Griechen Iordanis Paschalidis/Konstantinos Trigkonis nach dem Gewinn der WM im vergangenen Oktober nun auch den kontinentalen Titel feiern. Ein wenig zum Leidwesen des Ehepaars Roland und Nahid Gäbler, das sich bei weniger Wind noch Chancen ausgerechnet hätten, die Führenden anzugreifen. „Es war eine geile Woche mit kompletten Gegensätzen. Zwei Tage waren wir am Limit, gestern konnten wir etwas durchatmen, haben dabei aber auch unsere Chance genutzt, um aufzuschließen. Vielleicht wären wir sogar noch näher dran gewesen, wenn wir den Start im letzten Rennen nicht verpatzt hätten“, sagte Roland Gäbler, während die Teams schon dabei waren, ihre Boote zu verpacken. Das nächste Großereignis ist nun die German Open auf dem Gardasee im September. Danach gehen zehn Tornados im Container nach Perth, wo im Dezember die Weltmeisterschaft ansteht. Da will auch Roland Gäbler dabei sein, der an Australien beste Erinnerungen hat, da er hier zwei Welttitel und Olympia-Bronze gewonnen hat.

In den weiteren Klassen blieb es in den Ranglistenregatten ebenfalls bei den Resultaten vom Sonnabend. Die Siegertrophäe der A-Cats nahm Jacek Noetzel mit nach Polen, bei den Folkebooten siegten mit der Crew von Ulf Kipcke (Kiel) die deutschen Meister von 2012, und bei den Musto Skiffs zeigte der amtierende Europameister und Kieler-Woche-Sieger Frithjof Schwerdt (Kiel) seine aktuelle Klasse. Zudem trugen sich bei den Korsaren die Berliner Axel Oberemm/Gerd Linnemann und bei den J80 Inken Braunschmidt (Kiel) in die Siegerlisten ein.

Auch auf der Seebahn ging zum Abschluss nichts mehr. Damit reist in der ORC-Klasse die Hamburger Crew von Max Gurgel mit der Empfehlung des Sieges von der TW zur Weltmeisterschaft nach Kiel, die in einer Woche beginnt.

Das heutige Ende der Travemünder Woche ist zeitgleich auch der Startschuss für die Weltmeisterschaft der 420er. Denn wenn die letzten TW-Segler ihre Boote verpackt haben, feiern die jungen Segler der Gleitjollen ihre WM-Eröffnung (19 Uhr). 196 Duos aus 26 Nationen haben für die WM (28. Juli bis 3. August) gemeldet, die nach Frauen und in der offenen Wertung getrennt auf die Bahn gehen. Die Deutschen stellen dabei das größte Kontingent, denn als Gastgeber durften sie mit jeweils 14 Teams in beiden Kategorien die doppelte Anzahl melden. Aus Schleswig-Holstein haben sich nur zwei Jungs für die WM qualifiziert. Jan Marten (Eckernförde) geht zusammen mit dem Hamburger Finn Olsen ins Rennen, und der Kieler Gwendal Lamay startet gemeinsam mit Philipp Roitsch für den NRV Hamburg. Die größten Hoffnungen auf eine vordere deutsche Platzierungen lasten auf Theres Dahnke/Birte Winkel (Plau), die bei den ISAF Youth Worlds gerade auf Platz fünf gesegelt sind. Der erste Startschuss zur WM fällt am Montag um 12 Uhr.

Zum Abschluss der 125. Travemünder Woche gibt es heute Abend noch einmal um 22:45 Uhr die Laser- und Pyroshow auf der Passat – danach startet das traditionelle Höhenfeuerwerk auf beiden Seite der Trave. Auch auf den Bühnen ist am Abschlusstag ne Menge los: Auf der Festivalbühne am Brügmanngarten wird um 17:30 Uhr „Planet Emily“ auftreten, um 19 Uhr wird die Verlängerung der TW mit der Eröffnung der 420er WM eingeläutet und um 21 Uhr spielt „David Pfeffer & Band“ – der X-Faktor Gewinner 2011. Auf der Bühne des KarriereTreffs der Bundeswehr gibt es um 18 Uhr einen Auftritt von „Freitag“ und um 19:15 Uhr „Coverpiraten“. Im LN/NDR Medienzelt spielt die Band „Silvershadows“ und um 20:10 Uhr „Michael Weiss Jazzband“.

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